Wenn Schule Grenzen überwindet …

Von Maren Reese-Winne
CUXHAVEN. Eigentlich hätten sie am Montag auf einer Bühne irgendwo in Brüssel stehen sollen statt auf der ihrer Schule in Cuxhaven. Dafür aber übergab Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) im Amandus-Abendroth-Gymnasium den Preis persönlich. Platz eins unter 1824 eingereichten Projekten der 12-bis 15-Jährigen aus ganz Europa – damit hatten die 10 b und ihre Lehrerin Heike Keuser den Europäischen eTwinning-Preis 2022 sicher.
Gewürdigt wurde damit das Ergebnis des Schulprojekts „The Disconnect“, in dem sich Jugendliche aus vier Nationen angelehnt an den gleichnamigen Roman einer britischen Autorin mit Gefahren des Internets auseinandergesetzt hatten. eTwinning ist eine EU-weite Austauschplattform für Bildungseinrichtungen, der auch weitere Nationen als Koop-Partner angeschlossen sind.
Den Zuhörerinnen und Zuhörern blieb angesichts der professionellen Präsentation von Caroline Schoofs und Karl Frank in der Projektsprache Englisch förmlich der Mund offen stehen. Erster Kreisrat Friedhelm Ottens, Oberbürgermeister Uwe Santjer, Abordnungen des Landesamts für Schule und Bildung, aber auch Eltern zeigten sich hin und weg, denn nicht alle waren während der Projektzeit vom Nachwuchs in das eingeweiht worden, was sie da mit ihren Altersgenossen aus Italien, Spanien und Georgien fabrizierten.
Gemeinsamkeiten entdeckt
Der Austausch auf elektronischem Weg begann 2020. Beim Kennenlernen stellten die Jugendlichen fest, dass sie mit all ihren Problemen in der Corona-Krise nicht allein waren. Im nächsten Schritt tauschten sie sich über ihre favorisierten Apps, deren Möglichkeiten, aber auch Risiken aus, bevor sie gemeinsam den Roman „The Disconnect“ lasen und analysierten und dann in schulübergreifenden Gruppen Themen wie Cybermobbing, Privatsphäre, Identitätsdiebstahl oder Fake News vertieften und abschließend sichtbar machten, wie leicht Bilder im Netz manipuliert werden können. Mit der zeitgemäßen, originellen und multimedialen Umsetzung gewannen sie die Jury vollends für sich.
Aber auch die grenzübergreifende Zusammenarbeit machte für Oberbürgermeister Uwe Santjer einen ganz besonderen Wert dieses Projekts aus: „Was Sie hier machen, ist Friedensbildung!“, rief er Heike Keuser und Schulleiter Wolfgang Deutschmann zu. Minister Tonne würdigte die unterschiedlichen Zugangswege zum Thema – gepaart mit der beeindruckenden Vertiefung sprachlicher Kompetenzen.
Vor allem aber beseitige Begegnung Ängste vor Neuem und fördere über Grenzen hinweg Freude und Neugier aufeinander. Gerade mit Blick auf den Ukraine-Krieg, aber auch auf die anwesende 23-köpfige Gruppe des Lycée Charles de Gaulle in Vannes betonte er, dass Frieden, Freiheit und Demokratie unverhandelbare Grundwerte seien. Einen weiteren Beitrag dazu wollen das AAG und das Lycée Charles de Gaulle, das mit 23 Gästen an der Preisübergabe teilnahm, mit dem nächsten internationalen Projekt leisten, das – wieder unter der Leitung von Heike Keuser – bereits angelaufen ist: Der Kontakt der Schulen ist 2019 über eTwinning entstanden und wird nun über das EU-Programm „Erasmus+“ fortgesetzt. Als Schwerpunktthema haben die Schulen passend zu beiden beteiligten Küstenregionen „Living by the sea“ ausgewählt.
Er sei froh, dass der Kreis die Schule beizeiten für ein solches Projekt technisch fit gemacht habe, betonte Friedhelm Ottens und sicherte in der Hinsicht auch weitere Unterstützung zu. Dennoch war allen Beteiligten die Freude darüber anzumerken, dass eine solche Feier mal wieder in Präsenz stattfinden konnte. Allein schon, um die bewegend vorgetragenen Stücke des Chors „Sunset Chords“ – alle mit Bezug auf das Thema Frieden – zu hören.
Dafür sei sogar eilends die Aula umgebaut worden, in der eigentlich zurzeit täglich Abiturprüfungen geschrieben würden, so Wolfgang Deutschmann.

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Ab 2:14